Nachkriegsjustiz & Täterbiografien

Erst nach dem Krieg wurden die Ereignisse rund um die Pogromnacht neu aufgerollt und es kam teilweise zu Verhaftungen und Verurteilungen durch das Volksgericht beim Landesgericht Innsbruck.

Gerichtsurteile

Im August 1946 wurden Anton Haupt zu sechs Jahren, Richard Dietrich und Alfred Gnesetti zu drei Jahren wegen der Ausschreitungen gegen die Familien Brüll und Diamand verurteilt.

Im Oktober 1946 wurde Hans Aichinger zu dreizehn und Gottfried Andreaus zu zwölf Jahren schweren Kerkers verurteilt, beide waren bei den Ermordungen von Richard Graubart und Wilhelm Bauer beteiligt.

Im November 1946 wurden Ing. Heinrich Huber zu fünf, Otto Mohr zu drei, Alfons Ullmann und Johann Schöpf zu zweieinhalb Jahren, Georg Weintraut zu fünfzehn Monaten sowie Josef Girardi zu achtzehn Monaten verurteilt. Diese Gruppe war für die Körperverletzungen an Mitgliedern der Familien Josef Adler und Flora Bauer verantwortlich sowie an der Zerstörung der Wohnungen der Familien Adler, Schwarz, Spindel und Bauer beteiligt. Weiters wurde Dr. Theodor Tapavicza für die Mittäterschaft gegen die Familien Eszti Gottlieb und Alfred Graubart zu fünf Jahre schwerer Kerkerstrafe verurteilt. Tapavicza wurde vorzeitig aus der Haft entlassen und kehrte als Gynäkologe an die Klinik Innsbruck zurück, wo er vor seiner Inhaftierung an Zwangssterilisationen beteiligt war.

1947 kam es zu Verurteilungen von Josef Ebner zu eineinhalb Jahren, August Hörhager und Alois Hochrainer zu zwei Jahren, Hans Riedl zu vierzehn Monaten, Karl Handl zu zwanzig Monaten, Hans Bayer zu vierzehn Monaten sowie Hermann Moser zu sechs Monaten. Diese Gruppe war an den Ausschreitungen gegen die Familien Schindler, Löwensohn, Schwarz, Schenkel, Meisel und Diamand verantwortlich.

Im Oktober 1947 wurde Theodor Haller zu sechs Jahren verurteilt. Er warf das Ehepaar Popper in die Sill.

Im Dezember 1947 wurde Rudolf Schwarz zu elf Jahren sowie Robert Huttig zu zehn Jahren verurteilt. Sie zählten zur Tätergruppe gegen die Familien Richard Graubart und Wilhelm Bauer. Beide wurden im November 1951 begnadigt und aus der Haft entlassen.

Im August 1948 wurden über SA-Standartenführer Johann Mathoi und Rudolf Mayerbrucker (NSKK) dreieinhalb bzw. zweieinhalb Jahren Haftstrafen verhängt. Beiden wurde die Weitergabe der Anweisungen an die zum Appell erschienenen SA- und NSKK-Männern zur Durchführung des Pogroms nachgewiesen, Mathoi wurde außerdem wegen der Zerstörung von Wohnungen der Familien Dubksy und Fuchs zur Rechenschaft gezogen.

Im Dezember 1948 wurde Gestapochef SS-Sturmbannführer Werner Hilliges, ein gebürtiger Berliner, im sogenannnten „Innsbrucker Reichenau-Prozess“ wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit u.a. wegen der Ermordung von Egon Dubsky zu lebenslänglichem Gefängnis mit Zwangsarbeit verurteilt. Der gebürtige Berliner war frühes Mitglied der SS und NSDAP, kam im März 1938 zur Gestapo nach Innsbruck und übernahm deren Leitung im November 1942. Bereits als stellvertretender Gestapoleiter war er für das von 1941 bis 1945 bestehende „Arbeitserziehungslager Innsbruck Reichenau“ zuständig. Nach einer Erkrankung und der Verwicklung in eine Schmuggelaffäre wurde er vom Reichssicherheitshauptamt 1944 nach Berlin zurückgeholt. Da seine Familie in Innsbruck zurückblieb, flüchtete er nach dem Krieg nach Tirol, wo er am 2. April 1946 verhaftet wurde. Am 3. Dezember 1955 wurde er begnadigt und freigelassen. Gemeinsam mit seiner Frau beging er am 29. Jäner 1956 in Bremen Selbstmord.

Im September 1950 wurde Gauhauptstellenleiter SS-Untersturmführer Walter Hopfgartner wegen Quälerei und Mißhandlung sowie Hochverrats zu drei, später dann zu zehn Jahren verurteilt. Er war Sohn eines Metzgermeisters und seit seinem 18. Lebensjahr Mitglied der NSDAP. Im Rahmen der Weichnachtsamnestie wurde er im Dezember 1954 bedingt entlassen.

SS-Oberscharführer Dr. Robert Duy stammte aus Oberösterreich, studierte von 1934 bis 1938 Medizin in Innsbruck, war frühes Mitglied der NSDAP und ein Mitglied der Burschenschaft Suevia. Er war mit einer Niederösterreicherin verheiratet und hatte vier Kinder. Im März 1946 kam er im Bezirksgericht Amstetten wegen der Untersuchungen an der Ermordung von Richard Berger in U-Haft. Nach einer kurzen Fluchtaktion stellte er sich erneut im Juni 1946 der Gendarmerie und blieb bis zum 7. Juli 1946 in Haft. Offiziell wurde er durch die russische Kommandantur in die UdSSR gebracht und kehrte er erst im Frühjahr 1954 nach der Haftentlassung nach Deutschland zurück. In Wirklichkeit lebte er unter falschem Namen bis Anfang der 50er Jahre als U-Boot in Süddeutschland. Ab 1956  führte er eine eigene Arztpraxis unter seinem richtigen Namen in Hessen. 1974 wurde seine wahre Identität im Rahmen einer Rasterfahndung aufgedeckt, woraufhin er in Untersuchungshaft kam. Nach nur wenigen Tagen wurde er gegen eine Bankkaution entlassen und durfte seiner Tätigkeit als Arzt weiter nachgehen. 1975 wurde der Prozess gegen ihn wegen nicht mehr nachweisbarem Handeln nach 37 Jahren eingestellt. Ende Dezember 1975 verstarb er an einem Hirntumor. (9_Gundel Rath-Duy)

Das Verfahren gegen Walter Sauerwein, welcher sich nach Aufhebung des Kriegsverbrechergesetzes bei der Staatsanwaltschaft im Februar 1958 meldete, wurde im Dezember 1958 eingestellt. Zuvor war er als Architekt in Köln-Braunsfeld tätig.


Franz Hofer

Gauleiter Franz Hofer wurde am 27. November 1902 in Bad Hofgastein geboren, besuchte in Innsbruck die Schule, wurde Kaufmann und war seit 1931 Mitglied der NSDAP. Am 27. November 1932, Hofer begeht seinen 30. Geburtstag, wird er zum Gauleiter von Tirol befördert. Nach dem Verbot der NSDAP im Juni 1933 wird er verhaftet und im August des selben Jahres von SA-Männern gewaltsam befreit. Bis zum Anschluss lebt er in Deutschland, wo er auch die deutsche Staatsbürgerschaft erwirbt. Vom 24. Mai 1938 bis 3. Mai 1945 war er Gauleiter von Tirol und Vorarlberg, weiters NSKK-Obergruppenführer und Reichsstatthalter von Tirol-Vorarlberg. Nach seiner Verhaftung durch die US-Armee am 3. Mai 1945 konnte er im Oktober 1948 nach Deutschland fliehen. In Abwesenheit wird er von einem Münchner Gericht zu zehn Jahren Arbeitslager mit Vermögensverfall verurteilt. Zu seinem Vermögen zählten u.a. die arisierte Villa Schindler am Rennweg 10 in Innsbruck, der Lach-Hof in Kleinvolderberg bei Hall in Tirol und zahlreiche Kunstgegenstände u.a. des Industriellen Friedich Reitlinger aus Jenbach. Die Strafe wird im August 1952 auf drei Jahre und fünf Monate herabgesetzt. Ein österreichisches Gericht verurteilte Hofer 1950 in Abwesenheit zum Tod, jedoch kam es nie zur Vollstreckung der Urteile. Der damalige Tiroler Landeshauptmann Alfons Weißgatterer soll sich für Hofer eingesetzt haben. In Mühlheim an der Ruhr lebt er mit seiner Frau und den sieben Kindern, widmet sich erneut der Kaufmannstätigkeit und stirbt als überzeugter Nationalsozialist am 18. Februar 1975 eines natürlichen Todes unter seinem richtigen Namen. (1) (a)

Villa Schindler, Rennweg 10:

Lach-Hof, Kleinvolderberg:


Johann Feil

SS-Oberführer Johann Feil wurde am 13. Juni 1896 in Leonfelden in Oberösterreich geboren und stammte aus einer Beamtenfamilie. Er diente im Ersten Weltkrieg, war Fachlehrer für kunstgewerbliches Zeichnen, seit 1932 Mitglied der NSDAP und bis zum Kriegsende ein hochrangiger SS-Offizier, u.a. SS- und Polizeikommandeur für die italienische Provinz Friaul. 1945 kam er in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1948 von seiner Familie freigekauft wurde. Er konnte unter Mithilfe des aus Graz stammenden katholischen Bischofs Alois Hudal nach Argentinien flüchten, kam im März 1956 nach Deutschland zurück und starb am 31. Jänner 1957 an einer Krebserkrankung in Mittenwald bei Garmisch-Partenkirchen. (wikipedia) (b)

Bischof Alois Hudal war seit 1923 Rektor des Collegio Teutonico di Santa Maria dell´Anima (Deutsche Nationalkirche) in Rom und somit der oberste Geistliche der Auslandsdeutschen in Italien. Das Priesterkolleg und die von Hudal gegründete österreichische Vertretung der Päpstlichen Hilfskommission für Flüchtlinge (Assistenza Austriaca) lagen in der Via della Pace 20, wo vielen flüchtigen Nationalsozialisten Unterschlupf gewährt wurde. Hudal verhalf den Flüchtlingen zu gültigen Reisepässen des Internationalen Roten Kreuzes und ermöglichte deren Flucht nach Südamerika.


Erwin Fleiss

SS-Sturmbannführer Erwin Fleiss, am 16. Jänner 1910 in Innsbruck geboren, war Handelsangestellter, seit 1930 Mitglied der NSDAP und SS, rückte im Jänner 1942 zum Militär ein und war bis Kriegsende ein hochrangiger Leutnant. Er war verheiratet und hatte drei Kinder. Er erhielt mehrere Beförderungen, u.a. das Ehrenkreuz II. Klasse. 1948 flüchtete er mit vatikanischer Hilfe über Paraguay nach Argentinien, wo ihm SS-Hauptsturmführer Horst Carlos Fuldner in seiner „Argentinischen Gesellschaft für Industrieprojekte und deren Ausführung – Fuldner & Co“ – auch CAPRI genannt, eine profitable Stelle als Reisebüroleiter verschaffte. Durch einen NS-Straferlass 1957 wurde auch Erwin Fleiss amnestiert. Er stirbt am 11. Oktober 1964 in Cipolleti, Río Negro.


Leopold Spann

Oberregierungsrat und SS-Obersturmbannführer Dr. Leopold Spann wurde am 20. Dezember 1908 in „Bayerbach-Bayern-Deutsches-Reich“ geboren und studierte Rechtswissenschaften. Bereits 1932 tratt er der NSDAP bei und leitete zwischen 1939 und 1940 die Gestapo Innsbruck sowie zwischen 1943 und 1944 die Gestapostelle Saarbrücken, in dessen Funktion er am 29. März 1944 die zwei in Kriegsgefangenschaft befindlichen britischen Flieger Roger Bushell und Bernhard Scheidhauer außerhalb von Ramstein ermordete. Ebenso war er 1942/43 im ukrainischen Generalbezirk Nikolajew am Massenmord an Juden beteiligt. Von Juli 1944 bis April 1945 war er Gestapochef in Linz, wo er am 25. April 1945 bei einem Luftangriff ums Leben kam. (2a, 2b, 2c) (c)


Adolf Franzelin

Der am 8. August 1892 in Innsbruck geborene Dr. Adolf Franzelin hat ein Sportstudium absolviert, war begeisterter Fußballer und Mitglied des „FC Wacker Innsbruck“. Er war SS-Untersturmführer und bis zu seinem Tod 1940 Leiter der Polizeidirektion Innsbruck. Nach der Ermordung des Kommandanten der städtischen Sicherheitswache Franz Hickl am 25. Juli 1934 in der Herrengasse in Innsbruck wurde er angeklagt, das Gericht konnte ihm aber keine aktive Beteiligung nachweisen. Er starb am 25. Apri 1940 in Innsbruck. (Gruber)


Vinzenz Waidacher

SA-Standartenführer Vinzenz Waidacher wurde am 19.07.1900 in Mieders geboren und war gelernter Mechaniker. Er zählte zu den Vorkämpfern der NSDAP-Bewegung in Innsbruck, war NSDAP Mitglied seit 1932 und ein enger Vertrauter von Gauleiter Franz Hofer. Als Festredner trat er bei den jährlichen Gedenkfeiern an die „Höttinger Saalschlacht“ vom 27. Mai 1932 auf. Von 1935 bis zu seinem Tod 1941 war er der oberste Führer der SA im Gau Tirol-Vorarlberg. Beim Novemberpogrom in Innsbruck war er „einer der maßgeblichen Organisatoren“ (Hagen). Im Zweiten Weltkrieg war er in Polen und Norwegen stationiert. Bei einem Gefecht mit sowjetischen Truppen fiel Waidacher am 11. September 1941. Josef Eduard Ploner, ein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Tiroler Komponisten während der NS-Zeit, widmete ihm seine Fanfare Nr. 14.


Hermann Duxneuner

Der Arisierungsbeauftragte Hermann Duxneuner wurde am 4. Juli 1909 in Innsbruck geboren. Sein Vater, Dr. Hermann Duxneuner, war Rechtsanwalt und von 1901 bis 1924 erster leitender Direktor der Tiroler Landeshypothekenanstalt. Als Mitglied der NSDAP (seit 1933) und SS (seit 1936) war er in der „Nationalsozialistischen Handwerks-, Handels- und Gewerbeorganisation (NS-Hago) für die „Entjudung“ bzw. „Arisierung“ der jüdischen Kaufmannschaft zuständig. Anhand einer von ihm vorbereiteten „Judenliste“ gingen die Rollkommandos in der Pogromnacht gegen die jüdischen Familien und deren Wirtschaftsbetriebe vor. Über seine Arisierungsstelle wurden „kommissarische Verwalter“ u.a. für die Möbelfirma Brüll, die Essig- und Spirituosenfabrik Dubsky, die Firma Alois Hermann, die Pension Schöneck in Seefeld und Dr. Paul Kühne´s Bauernhof in Pfaffenhofen bestellt. Gemeinsam mit dem ehemaligen Gauhauptstellenleiter Rudolf Ullrich und dem Kohlenhändler SS-Rottenführer Alois Mössmer erwarb er eine Innsbrucker Immobilie in der Höttingerau. Seine Frau Ernestine Frank stammte aus Mieders im Stubaital und arbeitete seit 1939 als Sekretärin in der Arisierungsstelle. Während dem Krieg diente er beim SS-Panzerregiment 3. Nach dem Krieg versteckte er sich bei SS-Kameraden in Südtirol, besorgte sich unter Mithilfe der Päpstlichen Hilfsstelle einen Reisepass des Internationalen Roten Kreuzes und reiste ungehindert nach Argentinien. Ab Juli 1978 bzw. April 1979 waren das Ehepaar Duxneuner wieder in der Gemeinde Mieming in Tirol gemeldet, wo Hermann am 15. Juli 1982 und Erna am 9. November 1982 verstarben. Zusammen mit dem 1979 verstorbenen Sohn Hermann sind sie in Barwies begraben. (Meixner, Steinacher)


Alois Schintlholzer

SS-Obersturmführer Alois Schintlholzer 1914 in Hötting/Innsbruck geboren, stadtbekannter Sportboxer und Mitglied des Deutschen Turnerbundes, war seit 1932 Mitglied der NSDAP und wurde von der italienischen Justiz zweimal in Abwesenheit zu lebenslanger Haft wegen Beteiligung an einer Vergeltungsaktion der Waffen-SS, bei der der italienische Ort Caviola niedergebrannt und 40 Menschen ermordet wurden, verurteilt. Der SS-Sturmbannführer, welcher auch an Verschleppungen und Verhaftungen von Meraner Juden im September 1943 beteiligt war, konnte sich auch aus zweimaliger Verhaftung befreien und lebte in Bielefeld, Deutschland unter richtigem Namen. Schintlholzer war 1950 bei der Flucht von SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann nach Argentinien beteiligt. Nachdem er sich freiwillig dem Gericht in Innsbruck stellte, saß er von April 1961 bis März 1962 in Untersuchungshaft, ehe das Verfahren eingestellt wurde. Er starb im Juni 1989 und wurde in Innsbruck begraben. In der Tiroler Tageszeitung erschienen zwei Todesanzeigen von der Kameradschaft IV, Tirol und der Witwe Mathilde Schintlholzer, in denen der Wahlspruch der Waffen-SS in „Seine Ehre hieß Treue“ umgewandelt wurde. Die Tochter Birgit Schintlholzer-Barrows hat sich davon öffentlich distanziert. Fotos von der Beerdigung in Pradl zeigt Markus Wilhelm auf seiner Homepage dietiwag.org .(3a, 3b, 3c, 3d, 3e) (d)


Gerhard Lausegger

SS-Studentensturmführer Dr. Gerhard Lausegger (1915-1966) ein gebürtiger Klagenfurter, studierte Jus in Innsbruck, war Mitglied und Sprecher der Burschenschaft Suevia, Obmann der schlagenden Verbindungen Innsbrucks, oberster Chef der Sicherheitsexekutive und Adjutant der 87. SS-Standarte. Er wurde 1945 von Mitgliedern des britischen Militärs in Kärnten festgenommen und dort im Mai 1946 vom Sohn des ermordeten Richard Berger – Frederik R. Benson entdeckt. Im März 1947 konnte er mithilfe eines Ausweises des Internationalen Roten Kreuzes über Südtirol nach Argentinien flüchten, wo er als Nicolo Gracea am 20. Dezember 1966 bei einem Unfall ums Leben kam. Seitdem wird beim Ehrendenkmal der deutschnationalen Burschenschaft Suevia am Innsbrucker Westfriedhof sein Name geehrt – in unmittelbarer Nachbarschaft zum Jüdischen Friedhof. Im November 2015 wurde von der Stadt Innsbruck eine Gedenk-Stele für Richard Berger neben dem Suevia Denkmal aufgestellt.

Gerhard Lausegger bei der Festnahme durch Frederik Richard Benson, 1945 © DOEW

Denkmal Burschenschaft Suevia:

Lausegger

Gedenk-Stele Stadt Innsbruck:


Dr. Wilhelm Harster

SS-Gruppenführer und Generalleutnant Dr. Wilhelm Harster wurde 1904 in Kehlheim in Bayern geboren, schloss das Jura-Studium in München ab, trat im Mai 1933 der NSDAP bei und war seit August 1934 bei der SS. Ab März 1938 baute er die Gestapostelle Innsbruck auf und leitete diese bis November 1939. Im Juli 1940 wurde er Befehlshaber der Sicherheitspolizei in den Niederlanden, vom August 1943 bis Mai 1945 war er in Verona tätig. Im März 1949 verurteilte ein Sondergericht in Den Haag Harster zu zwölf Jahren Gefängnis, wovon er 6 Jahre absitzen musste. Nach der Haftentlassung wird er 1956 Regierungsrat, später dann Oberregierungsrat im bayerischen Innenministerium. 1963 kommt es zur Verhaftung von SS-Hauptsturmführer Erich Rajakovic, einem ehemaligen Mitarbeiter von Harster. Er wird wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt und wird 1966 erneut unter Arrest gestellt. Im Februar 1967 wird er wegen Beihilfe an der Deportation und Ermordung von italienischen und holländischen Juden, darunter Anne Frank zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, aber nach zwei Jahren begnadigt. Er stirbt am 25. Dezember 1991 in München. (4, 5, 6)


Egon Denz

Egon DenzDer aus Vorarlberg stammende Dr. Egon Denz studierte Rechtswissenschaft an der Universität Innsbruck, war frühes Mitglied der NSDAP (seit 1933), SS-Standartenführer, Stellvertreter des inoffiziellen Gauleiters der NSDAP von Tirol-Vorarlberg Edmund Christoph, Gauamtsleiter für Kommunalpolitik und vom 12. März 1938 bis Mai 1945 Oberbürgermeister von Innsbruck. Nach dem Krieg wurden Voruntersuchungen eingeleitet, das Verfahren des Volksgericht Innsbruck aber eingestellt und Egon Denz im Oktober 1947 aus der Untersuchungshaft entlassen. Er starb am 15. Dezember 1979 und bekam ein Ehrengrab auf dem Westfriedhof von Innsbruck. (8)


Gottfried Andreaus

Gottfried Andreaus, 1912 in Innsbruck geboren, war seit 1933 Mitglied der NSDAP und der SS, und kehrte 1940 als Kriegsversehrter heim, wo er 1944 zum aktiven Widerstandskämpfer wurde. Er half die noch lebenden Täter der „Kristallnacht“ auszuforschen und wurde 1951 begnadigt.


Johann Aichinger

Johann (Hans) Aichinger wurde am 27. Dezember 1913 als Sohn von Innsbrucker Gastwirtsleute des „Goldenen Hirschen“ geboren. Er besuchte die Höhere Internationale Hotelfachschule Wien, war Skilehrer und leitete mit seinem Schwager Hubert Salcher im Wintert 1938/39 die Schischule St. Anton und St. Christoph am Arlberg. Er war Darsteller in  Abenteuer- und Bergfilmen. Am 5. August 1932 trat er der NSDAP und der SS bei, stieg dort bis zum SS-Haupsturmführer auf und war im Besitz des Totenkopfrings. In der Familie gab es mit dem Vater, Bruder, einem Cousin und oben genannten Schwager mehrere überzeugte Nationalsozialisten mit Partei- bzw. SS-Mitgliedschaft. Im April 1940 heiratete er Herta Nissl, Tochter von Richard Nissl, einem Innsbrucker Brauerei- und Schlossbesitzer. Wenige Wochen nach dem Urteil wegen Mittäterschaft beim Pogrom sowie Handlungen als illegaler Nationalsozialist flüchtete er mit Hilfe der Lantschner-Brüder über Bozen nach Argentinien, wo er im Wintersportort San Carlos de Bariloche seiner Tätigkeit als Skilehrer nachging. 1957 wurde seine Haftstrafe auf 3 Jahre reduziert, 1959 kehrte er nach Österreich zurück, stellte sich den dortigen Behörden und wurde 1961 nach Begnadigung aus der Haft entlassen. Er stirbt am 5. Juni 1972 im Alter von 59 Jahren.


Jakok Strickner und Friedrich Lantschner

Auch SS-Sturmbannführer Jakob Strickner und  Friedrich (Fritz) Lantschner waren an den Ausschreitungen in der Pogromnacht aktiv beteiligt.

Jakob Strickner war Bauer und Gastwirt in Vinaders am Brenner, Mitglied und Mitbegründer der Tiroler NSDAP, SS-Angehöriger sowie Profiteur von „Arisierungen“. Nach der Haftentlassung aus der Kriegsgefangenschaft 1947 leistete er zusammen mit dem Südtiroler Adolf Steiner Mithilfe bei der Flucht des KZ-Arztes Josef Mengele. Dieser flüchete 1949 zusammen mit Adolf Eichmann und Goebbels-Mitarbeiter Ernst Müller mit neu ausgestellten Reisepässen des Internationalen Roten Kreuzes nach Argentinien. Strickner selbst war vierundzwanzig Jahre lang Bürgermeister von Gries am Brenner und stolz auf seine Fluchthilfe.

Friedrich (Fritz) Lantschner war ein hochrangiger Illegaler der ersten Stunde, kommissarischer Leiter der Tiroler Bauernkammer, Regierungsdirektor der Abteilung „Landwirtschaft, Wirtschaft, Arbeit“ und Gauamtsleiter für Agrarpolitik von Tirol. Als Gaubeauftragter der illegalen NSDAP befahl er den Mord am Kommandanten der städtischen Sicherheitswache Franz Hickl für den 25. Juli 1934. Nach dem Ende der NS-Herrschaft flüchtete er zusammen mit seinem Bruder Gustav „Guzzi“ Lantschner, einem Filmemacher und erfolgreichen Skirennläufer der 30er Jahre, unter den schützenden bischöflichen Händen Alois Hudal´s nach San Carlos de Bariloche in Argentinien, wo sie mit zahlreichen ehemaligen SS-Kameraden zusammentrafen u.a. mit Johann Aichinger.


Ferdinand Obenfeldner

Ferdinand Obenfeldner war seit Mai 1938 Gestapobeamter und als solcher an der Verhaftung des schwer verletzten Richard Schwarz und seines 16-jährigen Sohnes Viktor in der Falkstraße beteiligt. Aufgewachsen in Innsbruck, absolvierte er eine Lehre zum Bürokaufmann und wurde 1934 Mitglied der „Revolutionären Sozialisten“. 1939 wird er Mitglied der NSDAP und später der SS, in den Kriegsjahren leistete er als Mitglied der 5. Gebirgsdivision Dienst in der Wehrmacht. Nach der Kriegsgefangenschaft kehrt er im August 1945 nach Innsbruck zurück, wird aufgrund seiner später widerlegten Angaben als „minderbelastet“ eingestuft und am 13. August 1947 begnadigt. Danach begann seine politische Karriere als SPÖ-Mitglied des Innsbrucker Gemeinderates sowie Tiroler Landtages, u.a. war er 23 Jahre Vizebürgermeister von Innsbruck und Direktor der Tiroler Gebietskrankenkasse. (7)



update 30.10.2023
Literatur:

Martin Achrainer < Zum Umgang mit den NationalsozialistInnen in Tirol nach 1945 > in: Verein zur Förderung justizgeschichtlicher Forschungen und Verein zur Erforschung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen und ihrer Aufarbeitung (Hg.), „Justiz und Erinnerung Nr.10“, Mai 2005, S 11-14

Thomas Albrich (Hg.), „Die Täter des Judenpogroms 1938 in Innsbruck“, Haymon Verlag Innsbruck-Wien 2016

Thomas Albrich / Michael Guggenberger < „Nur selten steht einer dieser Novemberverbrecher vor Gericht“ – Die strafrechtliche Verfolgung der Täter der so genannten „Reichskristallnacht“ in Österreich, Holocaust und Kriegsverbrechen vor Gericht – Der Fall Österreich > StudienVerlag 2006, S 26-56

Thomas Albrich < Ing. Robert Schüller: "Ich war, bin und bleibe ein Nationalsozialist" > in: Wir lebten wie sie… – Jüdische Lebensgeschichten aus Tirol und Vorarlberg, Haymon Verlag 1999 

Christoph W. Bauer < Graubart Boulevard > Haymon Verlag Innsbruck-Wien 2008

Christoph W. Bauer < Im Alphabet der Häuser - Roman einer Stadt > Haymon Verlag Innsbruck-Wien 2007, S 263-297 

Nikolaus Bliem < SS-Hauptsturmführer Johann (Hans) Aichinger > in: Thomas Albrich (Hg.), „Die Täter des Judenpogroms 1938 in Innsbruck“, Haymon Verlag Innsbruck-Wien 2016, S 58-63

Johannes Breit < Das Arbeitserziehungslager Innsbruck-Reichenau und die Nachkriegsjustiz > Maturafachbereichsarbeit Juni 2007, S 41, 48-50 

Burgl Czeitschner / Hubertus Czernin / Ernst Schmiederer < Einige Sekunden blieb alles still / Novemberpogrom in der „Ostmark“, seine Täter, ihre Opfer > in: Profil Nr. 45, 7. November 1988, S 62 ff

Ina Friedmann < "Man könnte direkt zweifeln, ob der Frager oder die Befragte schwachsinnig ist!" Zwangssterlisierungen und Zwangskastrationen im Gau Tirol-Vorarlberg unter besonderer Berücksichtigung der Beteiligung der Universität Innsbruck > Endbericht des Forschungsprojekts: „Unfruchtbarmachung“ und „freiwillige Entmannung“. Die Innsbrucker Universitäts-Kliniken und die Erbgesundheitsgeschichte des Reichsgaues Tirol und Vorarlberg, 2020

Michael Gehler < Murder on Command – The Anti-Jewish Pogrom in Innsbruck – 9th-10th November 1938 > in: Year Book XXXVIII, Leo Baeck Institute. 1993, S. 119-153

Carina Gruber < SS-Untersturmführer Dr. Adolf Franzelin > in: Thomas Albrich (Hg.) < Die Täter des Judenpogroms 1938 in Innsbruck > Haymon Verlag Innsbruck-Wien 2016, S 38-42

Nikolaus Hagen < SA-Brigadeführer Vinzenz Waidacher > in: Thomas Albrich (Hg.) < Die Täter des Judenpogroms 1938 in Innsbruck > Haymon Verlag Innsbruck-Wien 2016, S 31-36

Andreas Hauser < Die Akte Hofer: „Ich bleibe Nationalsozialist“ > in: Echo 07-08/2008, S 66

Gretl Köfler < Die „Reichskristallnacht“ > in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.) – Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934 bis 1945 – Österreichischer Bundesverlag Wien 1984, Band 1, S 448-462

Herbert Lackner < Die Hakenkreuzfahrer > in: profil 33, 11.08.2008, S 28-35 

Christian Mathies < "Immer auf der Seite der Demokratie?" - Überlegungen zur Kontroverse um die NS-Vergangenheit von Ferdinand Obenfeldners > in: Gaismair-Jahrbuch 2008 – Auf der Spur, StudienVerlag 2007, S 42-50

Wolfgang Meixner < „Arisierung“ – die „Entjudung“ der Wirtschaft im Gau Tirol-Vorarlberg, Tirol und Vorarlberg in der NS-Zeit > StudienVerlag 2002, S 319-340

Sonja Niederbrunner < „Das Gefühl der Schuld wird mich begleiten“, Er war Leiter der Gestapo in Innsbruck, ein hochrangiger Nazi in den Niederlanden und in Italien – und Oberregierungsrat im bayerischen Innenministerium. Wilhelm Harster stand zwei Mal vor Gericht – er bereute. > in: Echo Nr.101, Ausgabe 11/2007, S. 48-49

Lisa Pechlaner < Der Innsbrucker SA-Sanitätssturm. SA-Sanitäts-Hauptsturmführer Dr. Theodor Tapavicza. > in: Thomas Albrich (Hg.) – Die Täter des Judenpogroms 1938 in Innsbruck, Haymon Verlag 2016, S. 224-229

Horst Schreiber < "Werner Hilliges: Leiter der Gestapo Innsbruck" > in: Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol – Opfer . Täter . Gegner, Tiroler Studien zu Geschichte und Politik, Michael-Gaismair-Gesellschaft, StudienVerlag 2008, S 207-208 

Horst Schreiber < Franz Hofer: Gauleiter und Reichsstatthalter von Tirol-Vorarlberg > in: Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol – Opfer . Täter . Gegner, Tiroler Studien zu Geschichte und Politik, Michael-Gaismair-Gesellschaft, StudienVerlag 2008, S 86-88

Gad Hugo Bella < Die Juden Tirols – Ihr Leben und Schicksal > Israel 1979

Gerald Steinacher < Nazis auf der Flucht – Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen > StudienVerlag 2008, S 39 ff, 50, 78-80, 171, 265 ff , 291, 296

Bildnachweis

(a) Hofer – http://data.onb.ac.at/rec/baa1252636

(b) Feil – © Privatbesitz Wolfgang Feil

(c) Spann – Bundesarchiv Berlin / http://www.flugzeugabstuerze-saarland.de/Bushell_Scheidhauer.pdf

(c) Schintlholzer – profil Nr. 45 – 7. November 1988, S 73

(d) Lausegger – DOEW

(e) Harster – http://forum.axishistory.com/viewtopic.php?t=1629

(f) Denz – Ausstellung „Stadtplanung und Architektur der 30er Jahre“ Archiv für Baukunst, Universität Innsbruck

Quellen:

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Hofer_(Gauleiter)

(2a) http://www.historyinfilm.com/escape/real9.htm
(2b) http://forum.axishistory.com/viewtopic.php?f=38&t=151833
(2c) Information über den Tatort von Silvano Wueschner – Email 1.7.2015

(3a) http://www.schnitzler-aachen.de/Surftipps/2000_06.htm
(3b) http://www.breit.biz/sites/bertbreit_ns.html
(3c) Triumph der Gerechtigkeit, Flucht von Adolf Eichmann – http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-77745555.html – visit 27.08.2012
(3d) http://dietiwag.org/blog/index.php?datum=2013-11-06 – visit 16.11.2013
(3e) Email von Birgit Schintlholzer-Barrows vom 27.01.2021

(4) Christian Ritz – http://historiker-in-muenchen.com/pageID_4835828.html

(5) http://www.cine-holocaust.de/cgi-bin/gdq?efw00fbw002552.gd

(6) http://www.powcamp.fsnet.co.uk/SS-Gruppenf%FChrer_und_Generalleutnant_der_Polizei_Dr_jur_Wilhelm_Harster.htm

(7) Wolfgang Neugebaur, Peter Schwarz (Hg.) < Der Wille zum aufrechten Gang - Offenlegung der Rolle des BSA bei der gesellschaftlichen Reintegration ehemaliger Nationalsozialisten > Czernin Verlag Wien 2005, S. 151-160

(8) Wikipedia – http://de.wikipedia.org/wiki/Egon_Denz – visit 30.10.2012

(9) Email-Schriftverkehr mit Gundel Rath-Duy, Tochter von Robert Duy 07-10/2023

Wikipedia – http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Feil

http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Hickl – visit 04.11.2012

Wolfgang Meixner – Email vom 02.11.2008 – Hermann Duxneuner – Der Historiker Wolfgang Meixner hat mich auf biografische Daten von Hermann Duxneuner aufmerksam gemacht, welche er bereits in seinem Aufsatz < "Arisierung" - die "Entjudung" der Wirtschaft im Gau Tirol-Vorarlberg, in: Rolf Steininger, Sabine Pitscheider (Hg.), "Tirol und Vorarlberg in der NS-Zeit", StudienVerlag 2002, S 319-340 >erforscht hat. Für diesen Hinweis bin ich ihm zu Dank verpflichtet.

http://www.donau-uni.ac.at/imperia/md/content/department/imb/personen/blaschitz/ns-fl__chtlinge_blaschitz.pdf

http://echo-online.at/webEdition/we_cmd.php?we_cmd[0]=preview_objectFile&we_objectID=3245&we_cmd[2]=160

Tiroler Tageszeitung 1946, Nr. 237 – S 3, Nr. 238 – S 5 – Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Tiroler Neue Zeitung 1946, Nr. 202 – S 3 – Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Tiroler Tageszeitung 1990, Nr. 151, S 4 – Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Der Standard 1990, Nr. 493, S 5 – Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Waidacher – http://www.denkmalprojekt.org/2009/innsbruck-mariahilf_eg_wk1u2_tirol_oe.htm – last visit 28.10.2018

Arbeitsgemeinschaft Tiroler Komponisten NS-Zeit – http://arge-ns-zeit.musikland-tirol.at – last visit 28.10.2018

Beerdigung Alois Schintlholzer 18.06.1989 – http://dietiwag.org/blog/index.php?datum=2013-11-06&highlighted=schintlholzer – last visit 28.10.2018

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